Giovannis_Welt

„Kann es sein, dass wir neuerdings einen Hahn in der Nachbarschaft haben?“ fragte ich neulich meine Frau. Gefühlt aus 50 bis 100 Meter Entfernung höre ich jetzt ab vier Uhr morgens und dann auch tagsüber immer öfter ein lautes Hahngekrähe. Dabei nervt mich das heisere Geschrei überhaupt nicht. Ich finde es eher irgendwie lustig. Es vermittelt mir eine Art von Gefühl wie Urlaub auf dem Lande, gepaart mit Gemütlichkeit und friedlicher Ruhe in sicherer Umgebung.

Dabei soll es ja Menschen geben, die daraufhin ihre Nachbarn wegen nächtlicher Ruhestörung verklagen. Da liegen plötzlich Nerven blank und Freundschaften werden zerstört, weil ein Tierfreund sich lärmendes Federtier zugelegt hat. Vermutlich sogar aus rein egoistischen Gründen, damit morgens immer biologisch frische Eier auf dem Frühstückstisch Gaumenfreuden bereiten. Da hab ich doch schnell mal ein altes Lied umgedichtet: „Kirikiki, kirikiki, ruft der Gockel in der Früh. Weckt den Bauer aus der Ruh, meine Frau und mich dazu…!“ Friedlich wie wir sind, werden wir natürlich keinen Nachbarn verklagen. Fluglärm, Autobahngeräusche mit LKW-Gebrüll und lautes Sägen oder sirrende Zahnarzt-Bohrer sind doch viel schlimmer. Ja, was könnte man den Hahnkrähen-Geschädigten für Lösungen vorschlagen: Ohrenstöpsel besorgen, in die Großstadt umziehen, Nachbars Hahn heimlich entführen und in die Pfanne hauen, oder sich ein fröhliches „Kirikiki“  als Klingelton für’s Handy installieren, damit man sich an den Sound gewöhnt. Meine Frau hat’s ebenfalls leicht genommen und singt jetzt immer: „Ich wollt, ich wär‘ ein Huhn, ich hätt‘ nicht viel zu tun, ich legte täglich nur ein Ei und sonntags auch mal zwei…!“

Was könnte man noch über das Federvieh sagen? Erst sind es süße Küken, dann gackernde Hennen und das männlich Haushuhn nennt man Hahn oder Gockel. Die Zahl der jährlich geschlachteten Haushühner wird auf 45 Milliarden geschätzt. Noch schlimmer geht es den männlichen Küken, die gleich nach der Geburt nutzlos getötet werden, weil sie für die Eierproduktion nicht geeignet sind. Wenn ich so überlege, tun mir diese armen Hühner schon sehr leid… Ich weiß gar nicht, warum meine Frau dieses Lied singt. Als Mann bin ich da ganz anders. Ich träume höchstens mal davon, ab und zu ein richtig stolzer Gockel zu sein, der laut „Kirikiki“ krähend seine ihm gehorchende Hühnerschar verwöhnen kann.

In diesem Sinne wünsche ich, dass ein blindes Huhn auch mal ein Korn findet.

Euer Giovanni

 

 

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