Wenn Essen & Trinken zur Schwerstarbeit wird

Von Martina Bruns, Logopädin

Endlich steht der Sommer vor der Tür und die Temperaturen steigen. Gerne setzt man sich mit Freunden in den Biergarten, ins Eiscafe oder auf die Terrasse und unterhält sich über den anstehenden Sommerurlaub. Nebenbei genießt man ein kühles Getränk oder auch ein Eis. Kein Problem und jeder tut das gerne. Wirklich jeder?

In Deutschland leiden ca. 5 Millionen Menschen an einer Schluckstörung (mediz. Begriff = Dysphagie). D.h. also mehr als jeder 20. und jeder fünfte Deutsche über 55 Jahren.

Verschiedene Strukturen des Gehirns sorgen dafür, dass das Schlucken reibungslos abläuft. Das Großhirn steuert die bewusst auslösbaren Vorgänge, die refl ektorischen und unwillkürlichen Abläufe werden von sogenannten Schluckzentren im Hirnstamm gesteuert.

Am Schluckvorgang, der bei gesunden Menschen bis zu 2000 Mal pro Tag abläuft, sind fünf Hirnnervenpaare und ca. 26 Muskelpaare beteiligt. Gesunde Menschen produzieren ca. 0,5 bis 1,5 ml Speichel pro Minute. Somit hat das Schlucken neben dem Transport von Nahrung, auch die Aufgabe, den Speichel zu schlucken. Essen und Trinken dienen nicht nur der Sättigung, sondern sind normalerweise Genuss und für die Kommunikation, soziale Integration und somit auch für die Lebensqualität von großer Bedeutung.

Für viele Menschen bedeutet das Schlucken jedoch Schwerstarbeit, z. B. für die rüstige Rentnerin, die ihren Capuccino nur mit großer Mühe herunterbringt oder für den Pflegebedürftigen, der nur fein pürierte Kost schlucken darf. Unter Schluckstörungen fällt ein breites Spektrum von Beschwerden. Manche Menschen können nur bestimmte Flüssigkeiten nicht schlucken, anderen bereiten krümelige oder faserige Speisen Probleme. Kommt es zu einem deutlichen Verschlucken (Aspiration), zum Teil auch unbemerkt, kann das lebensbedrohliche Folgen haben. Es kann zu Lungenentzündungen oder auch zum Ersticken führen.

Ursache einer Schluckstörung kann z.B. ein Schlaganfall, ein Schädel-Hirn-Trauma, eine Parkinson-Erkrankung, Multiple Sklerose, Amyotrophe Lateralsklerose, ein Tumor oder Folgen einer Bestrahlung sein. Das Schlucken unterliegt aber auch – wie alle anderen Körperfunktionen – einem natürlichen Alterungsprozess, und eine Schluckstörung wird damit mit zunehmendem Alter wahrscheinlicher.

Auch bei Demenzen und ganz besonders im mittleren und späteren Stadium treten Schluckstörungen auf. Wenn eine Schluckstörung auftritt oder auch Unsicherheiten hierüber bestehen, kann die Logopädie sehr hilfreich sein. Inhalte der logopädischen Therapie sind zunächst die ausführliche Anamnese und Befunderhebung. Individuell auf den Patienten abgestimmt wird dann ein Konzept erarbeitet, was nicht selten dazu führt, dass das Essen wieder Spaß macht.