Urheberrecht und Filesharing – Haften Eltern für Ihre Kinder oder Vermieter für Ihre Feriengäste?

von Rechtsanwalt, Mediator und Dozent Rolf H. Stich

Ihr gutes Recht_Stich_Portrait_K_AIn den letzten Jahren haben sich Anschlussinhaber eines Internetanschlusses häufig der Situation gegenüber gesehen, eine Abmahnung der Film- oder Musikindustrie zu erhalten, in der ihnen vorgeworfen wurde, Filme oder Musiktitel in einer Internet-Tauschbörse öffentlich zugänglich gemacht zu haben (FileSharing).

Es wurde zur Zahlung von mehreren hundert, bis hin zu tausenden Euro und zur Abgabe einer Unterlassungserklärung aufgefordert. Dies, obwohl der Anschlussinhaber selbst einen derartigen Verstoß gar nicht begangen hatte oder auch gar nicht begehen konnte, z.B. weil dieser bei der Arbeit oder im Urlaub war. Gerade in letzter Zeit ist festzustellen, dass bereits längst vergessene Abmahnungen von den Abmahnern vor Eintritt der Verjährung weiter verfolgt werden.

Nachdem die Rechtsprechung in den letzten Jahren recht uneinheitlich war und teilweise auch heute noch ist, versucht der Gesetzgeber nachzubessern und auch der Bundesgerichtshof hatte sich im Mai diesen Jahres erneut mit mehreren dieser Fälle zu beschäftigen.

In einem Fall wurde die Betroffene auf Zahlung von ca. 750 € in Anspruch genommen. Sie wies den Vorwurf mit der Begründung zurück, sie habe ihrer Nichte und deren Lebensgefährten, die bei ihr zu Besuch gewesen seien, das WLAN-Passwort überlassen. Der BGH hat in seinem Urteil vom 12. Mai 2016 (I ZR 86/15) der Anschlussinhaberin Recht gegeben. Volljährigen Gäste müssen nicht über das Verbot von FileSharing belehrt und überwachet werden. Wenn keine konkreten Hinweise auf die rechtswidrige Nutzung des Internetanschlusses durch volljährige Mitglieder einer Wohngemeinschaft oder durch volljährige Besucher bestehen, ist es nicht zumutbar, diese Personen zu belehren. Gleiches gilt im Übrigen auch, wenn die Wohnung an einen Feriengast vermietet wurde. Von volljährigen Personen kann erwartet werden, dass diese auch ohne Belehrung wissen, dass Filesharing verboten ist, so der BGH. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass von den Abmahnern gegebenenfalls die benannten Betroffenen in Anspruch genommen werden.

Anderes gilt bei minderjährigen Kindern. Zwar „haften Eltern nicht für ihre Kinder“, sie haften jedoch für eine Aufsichtspflichtverletzung. Dies bedeutet, dass minderjährige Kinder von ihren Eltern über das Verbot der Nutzung von Tauschbörsen für Filme oder Musik zu belehren sind. Gelingt es den Eltern in einem Verfahren nicht, nachzuweisen, dass eine derartige Belehrung erfolgt ist, so haften sie für die Rechtsverletzung.

Vollkommen gegensätzlich hierzu ist jedoch die Rechtsprechung und die Entwicklung in der Gesetzgebung, dass Betreiber eines „offenen“ WLAN wie z.B. Gaststätten oder Hotels, die ihren Gästen einen WLAN-Zugang zur Verfügung stellen, für deren Rechteverletzung nicht haften sollen. Der europäische Gerichtshof wird in den nächsten Monaten über diese Frage entscheiden.

Fazit:

Auf eine Abmahnung sollte in jedem Fall reagiert werden, da die Abmahner ansonsten ein gerichtliches Verfahren anstrengen können, welches erhebliche Kosten verursachen kann.

Anschlussinhaber können sich jedoch in bestimmten Fällen bereits außergerichtlich gegen eine Abmahnung verteidigen. In keinem Falle sollte ohne Überprüfung die von den Abmahnern vorgefertigte Unterlassungserklärung abgegeben werden, da diese meistens zu weitgehend ist. Auch sollten ohne Prüfung die geforderten Summen nicht gezahlt werden.