Rechtsanwalt bei unverschuldetem Verkehrsunfall?

von Rechtsanwalt, Mediator und Dozent Rolf H. Stich

Ein Verkehrsunfall ist immer eine besondere Situation für die Beteiligten. Schon am Unfallort stellt sich die Frage, wie sich die betroffenen verhalten sollen. Häufig wird bei zunächst scheinbar kleineren Schäden auf die Hinzuziehung der Polizei verzichtet. Doch nicht selten ist der tatsächliche Schaden bei Durchführung der Reparatur weitaus höher als gedacht. Regelmäßig erfolgt sodann die Frage nach dem Unfallhergang und ob die Polizei hinzugerufen wurde.

Jedoch spätestens bei der Abwicklung sind viele Dinge zu berücksichtigen, die die Betroffenen häufig vor eine Herausforderung stellen. Inzwischen ist zu beobachten, dass der gegnerische Versicherer sich sogar kurzfristig telefonisch bei dem Geschädigten meldet und eine schnelle Regulierung in Aussicht stellt. Ein eigener Gutachter wird angeblich nicht benötigt, es kann der des Versicherers genommen werden, ein Mietwagen wird angeboten, die Reparatur kann in einer vom Versicherer vorgeschlagenen Werkstatt erfolgen.

Aber Vorsicht! Der gegnerische Versicherer bietet all dies nicht ohne Hintergedanken an. Denn er hat den Schaden zu ersetzen, der dem Geschädigten entstanden ist. Und dies soll im Rahmen der Kostenersparnis nach Möglichkeit zu den Bedingungen des Gegners erfolgen. Es sind jedoch die Rechte des Geschädigten und seine Ansprüche, die zu seinen Bedingungen abzuwickeln sind. Natürlich immer unter Berücksichtigung der geltenden Rechtslage. So leuchtet es sicherlich ein, dass ein vom gegnerischen Versicherer beauftragter Gutachter eher dazu tendieren wird, den Schaden zugunsten des Versicherers zu berechnen und nicht zu Gunsten des Geschädigten. Auch ist dem Versicherer daran gelegen, dass der Geschädigte keinen Rechtsanwalt einschaltet.

Hierzu ist zunächst für denjenigen, der unverschuldet in einen Verkehrsunfall verwickelt wurde, wichtig zu wissen, dass die Gebühren eines eingeschalteten Rechtsanwaltes für die Unfallabwicklung ebenfalls vom gegnerischen Versicherer zu erstatten sind.

Der Rechtsanwalt wird darauf achten, dass die Unfallabwicklung entsprechend den Rechten des Mandanten abgewickelt wird. Aber auch bei einer Quotelung, also wenn beide Seiten ein Verschulden trifft, sollte die Abwicklung nicht ohne dementsprechende Beratung erfolgen. Insbesondere, wenn eine Rechtschutzversicherung besteht. Oder haben Sie schon etwas von dem Begriff des Quotenvorrechtes gehört? Hierbei handelt es sich um einen Rechtsbegriff, der eine Abrechnung mit der Kaskoversicherung und dem gegnerischen Haftpflichtversicherer vorsieht. Aus Unkenntnis wird diese Form der Abrechnung jedoch sehr selten gewählt und dabei wird bares Geld verschenkt. Auch von den Reparaturwerkstätten übernommene Abwicklungen – auf Grund einer Abtretung der Ansprüche an die Werkstatt – berücksichtigen diese Form der Abrechnung regelmäßig nicht. Auch nicht die Möglichkeit der Geltendmachung einer Kostenpauschale durch den Geschädigten.

Eine Quotenhaftung kommt häufig bei Vorfahrtsverstößen, bei Vorbeifahren oder Überholen, Parkplatz- oder Parkhausfällen sowie Halte- und Parkverbotsfällen vor. Bei einer Quotelung von 50 % erstattet der gegnerische Versicherer nur 50 % des entstandenen Schadens. Unter Inanspruchnahme der eigenen Kaskoversicherung und des gegnerischen Versicherers nach dem sogenannten Quotenvorrecht kann jedoch eine Erstattung des Schadens teilweise bis zu 97 % erfolgen.

Fazit:

Die Übernahme der Kosten des Rechtsanwaltes durch den generischen Versicherer in Fällen eines unverschuldeten Unfalles wurde von der Rechtsprechung eingeführt, da die Versicherer Rechtsabteilungen haben und dem „normalen“ Verkehrsteilnehmer die Unfallabwicklung und seine Rechte häufig nicht geläufig sind. Die Abwicklung eines Verkehrsunfalles sollte daher selbst bei einem unverschuldeten Unfall nicht ohne Rechtsanwalt erfolgen, damit der Geschädigte nicht auf seine Rechte verzichtet.