Man müsste Klavier spielen können…

Giovannis_Welt

Als Johannes Heesters 1941 zum ersten Mal leidenschaftlich sein Lied schmetterte: „Man müsste Klavier spielen können“, wusste selbst meine liebe Frau Mama nicht, dass später einen Sohn gebären würde, ausüben würde. Doch es sollte noch ein langer schwerer Weg werden, ehe ich mich von der Muse ‚‘Musik“ geküsst fühlte. Da ich in der Schule in Mathematik fast immer eine Eins im Zeugnis hatte, empfahl mich mein Klassenlehrer „Kalle Borchers“ einem Gemischtwarenhändler in Stadthagen. Der schrieb mich an, und so wurde ich mit stolzgeschwellter Brust Einzelhandelskaufmann. Für mich begannen paradiesische Zeiten, denn immer wenn mein Chef sich zum Frühstücksstammtisch mit anderen Geschäftsleuten für eine gute Stunde verabschiedete, naschte ich Sauerkraut aus dem Fass, diverse Negerküsse und andere Süßigkeiten durcheinander und schaute dabei kauend aus dem Schaufenster, ob mein Boss sich wieder auf den Weg zum Laden machte. Von dem berühmten Spruch, „Lehrjahre sind keine Herrenjahre“ bemerkte ich nicht viel. Vom selben Chef kaufte ich, als ich ca. 17 Jahre alt war, für 50 Mark sein altes verwaistes Klavier. Ich gönnte mir von meinem knappen Lehrlingsgehalt einige Zeit Musikunterricht und spielte nun in meiner Freizeit Songs von den Beatles und komponierte meine ersten eigenen Lieder. Doch es vergingen noch einige Jahre, bevor ich mich ganz der Musik widmen sollte. Ich machte jetzt Karriere als Filialleiter in einigen mir anvertrauten Supermärkten. Noch bevor die Edeka ihren Spruch: „Wir lieben Lebensmittel“, erfand, wurde ich Fachmann in Sachen Essbarem, Putzmitteln und Gemüse und liebte meinen Job und die von mir zu verkaufenden Produkte.

Erst als ich dann Freunde kennen lernte, die mit mir eine Rockband gründen wollten und wir unsere ersten öffentlichen Auftritte hatten, veränderten sich schlagartig meine Interessen. Die Songzeile von Heesters, „Wer Klavier spielt hat Glück bei den Frau‘n“, spielte dabei eine entscheidende Rolle. Meine Mutter war traurig und enttäuscht, als ich meinen weißen Kittel für immer an den Nagel hängte. Ja…, und das ist nun schon 40 Jahre her.

Dennoch empfehle ich allen Eltern, ihren Kindern unbedingt ein Instrument lernen zu lassen. Musik ist für mich mindestens die zweitschönste Sache hier auf Gottes Erden. Wenn sie sich jetzt fragen, was ist denn mein Allerliebstes, dann verweise ich auf eine weitere Zeile von Jopi Heesters Lied: „…weil die Herrn, die Klavier spielen können, schnell erobern der Damen Vertrau‘n…“ Nun wandle ich weiter auf den Spuren meines musikalischen Helden und hoffe, dass ich auch mit 108 Jahren noch fröhlich singen kann …

 

 

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